In andere Länder oder Städte zu reisen ist unglaublich einfach, schnell, und ziemlich sicher. Je nach Transportmittel und Komfortbedürfnis kann es recht günstig, oder ziemlich teuer sein. Wir steigen in ein Auto, Zug, Flugzeug oder Schiff, und sind in absehbarer Zeit an unserem Ziel. In 11 Stunden direkt von Frankfurt nach Tokyo, oder in 22 Stunden von Frankfurt nach Sydney, mit einem kleinen Stopp auf dem Weg? Kein Problem! Vor der Reise noch kurz ein Testament schreiben, und— Moment, bitte was?
Was für uns heute völlig absurd wäre, war im Mittelalter, und sogar schon zur Glanzzeit der alten Römer absolut nicht unüblich. Wer sagt „Damals war alles besser“, sollte jetzt genau aufpassen, denn wir machen eine kleine Zeitreise.
Ich packe meine Koffer und nehme mit…
… einen Kompass. Alte Aufzeichnungen über Unterkünfte und nutzbare, hoffentlich noch intakte Wege. Viel Zeit, und eine Waffe zur Selbstverteidigung.
Die alten Römer waren mit dem Ausbau von Straßen recht fortschrittlich. Nach dem Fall des römischen Reichs fielen allerdings auch die Straßen. Wer Geld hatte, konnte sich eine Reise mit dem Pferd leisten. Wer richtig Geld hatte, machte es sich in einer Kutsche gemütlich. Wobei von Gemütlichkeit auch in einer Kutsche nicht unbedingt viel zu spüren war. Die Straßen waren nicht geschmeidig asphaltiert, und Kutschen hatten weder Federn, bequeme Sitzbänke, noch dicke Reifen. Dafür waren die Räder aus Holz gebaut, und irgendwann auch mit einer Metallplatte umzogen. So konnte man unterwegs zwar keinen platten Reifen bekommen… Dafür brachen allerdings gelegentlich Sprossen oder das ganze Rad, was auch nicht unbedingt vorteilhafter war.
Wer kein Geld hatte, musste zu Fuß gehen – durch Wind und Wetter. Spezielle Wanderstiefel oder Laufschuhe gab es nicht. Eine Strecke, die wir heute in 30 Minuten bei gemütlichem Tempo auf der Autobahn schaffen, dauerte „damals“ buchstäblich den ganzen Tag. Mit dem Pferd war man meist mit Pausen auf insgesamt 7-8 Stunden begrenzt, da das Tier natürlich (wohl verdient!) rasten musste. Zum Temposünder konnte man zu der Zeit zumindest nicht werden.
Dabei ist das vor allem in ländlichen Gegenden gar nicht mal so lange her. Vielleicht erinnern sich manche von euch noch an eine Zeit, in der ihr kilometerweit in zu dünnem Schuhwerk durch den Schnee zur Schule gehen musstet. Oder vielleicht kennt ihr jemanden, Eltern oder Großeltern, der euch persönliche Erfahrungsberichte geben kann.
Auch gab es im Mittelalter keine Koffer, wie wir sie heute z.B. aus Polycarbonat haben. Auch mit 2-4 Rollen und unglaublichen Designauswahlen sind wir heute verwöhnt. Denn vor dem modernen, leichten Koffer gab es Leinensäcke, Beutel, oder schwere Truhen aus massivem Holz, Körbe und Kisten.
Wusstet ihr, dass im Mittelalter auch die bekannte Redewendung „Alles in Butter“ entstand? Da Kutschfahrten extrem holperig waren, wäre z.B. das Geschirr in den Kisten komplett zerbrochen. Also wurde „alles in Butter“ gelagert, um das zerbrechliche Geschirr zu schützen.
Sicher ans Ziel … oder?
Nicht unbedingt. Unterwegs lauerten nämlich gerne mal Räuber(banden) und wilde Tiere. Zu der Zeit gab es viel mehr freie und bewaldete Natur, als wie wir sie heute haben. Klingt ja erstmal schön, aber: Neben den Räubern und wilden Tieren, gebrochenen Rädern oder anderen Unfällen konnte auch die Koordination problematisch sein. Wegen dem Mangel an einem großflächig, gut ausgebautem Straßennetz und Wegweisern, war man auf Alternativen angewiesen. Was waren diese Alternativen? Handgezeichnete Karten, Kompass oder die Gestirne lesen. Um die Gestirne lesen zu können, musste man allerdings einen wolkenfreien Himmel, und keine Bäume im Weg haben. Das GPS gibt es nämlich erst seit den 1970ern. Wer in der alten Zeit vom Weg abkam und sich verlief, war verloren. Und das nächste Dorf konnte Tage weit weg sein.
Eine Seefahrt die ist lustig, eine Seefahrt, die ist schön? Von wegen – auf dem Wasser sah es nicht rosiger aus. Stürme auf offener See, Piraten, Krankheiten und (wenn man völlig vom Kurs abkam) Hunger hielten oft auch hier die Besatzung und Passagiere auf Trab. Doch auch ein zu schönes Wetter konnte sich negativ auswirken. Wehte kein Wind, so trieb das Schiff einfach auf dem offenen Wasser, und die Reisezeit verlängerte sich noch mehr. Nicht nur die Reisezeit – auch die Gefahr zu verhungern, wenn die Nahrung an Bord nicht für die verlängerte Zeit reichte.
Urlaubsreif?
An diesem Punkt in der Geschichte ist noch lange nicht die Rede von „Erholungsreisen“ – die kamen nämlich erst viel, viel später. An Urlaub brauchte „das Fußvolk“ der alten Römer und im Mittelalter nicht zu denken. Auch „Wochenende“ war nicht unbedingt in deren Vokabular, denn es wurde durchgearbeitet. Hier also die Frage…
Wer ist damals überhaupt gereist?
In der alten Zeit sind hauptsächlich Soldaten, Kaufleute (nicht selten mit einem langsamen Ochsenkarren), Pilger und Boten (die Anfänge der modernen Post) regelmäßig gereist. Handwerker gingen am Ende ihrer Lehrzeit auf Gesellenwanderung, die sogenannten Wanderjahre – ebenfalls zu Fuß, und nur mit dem Nötigsten bepackt. In gewisser Weise waren auch die Vogelfreien Reisende, allerdings eher unfreiwillig – sie waren rechtlos, geächtet, und unwillkommen. Das freie fahrende Volk wie z.B. die Spielleute wollen wir natürlich nicht vergessen, denn sie zogen von Stadt zu Stadt.
Ab ca. dem 18. Jahrhundert gingen auch die Adeligen und Wohlhabenden gut und gerne auf Bildungsreisen. Besonders der Nachwuchs von Adeligen, aber auch Künstler und Entdecker machten sich zu dieser Zeit auch vermehrt auf die Reise. Vor allem Italien war damals schon ein sehr beliebtes Reiseziel. Auch fing zu dieser Zeit die Kolonisierung von Amerika an. Es brachen also viele Schiffe voller europäischer Auswanderer auf, die auf ein neues, „besseres“ Leben hofften.
Moderner Aufschwung
Seit etwa der 1950er Jahre fing auch der Ottonormalverbraucher an, sich einen Erholungsurlaub leisten zu können. Was zu der Zeit mit einem kurzen Zelturlaub im eigenen Land anfing, ist heute für viele zur Möglichkeit einer Weltreise geworden. Wobei dazu gesagt werden muss: Nach dem 2. Weltkrieg waren deutsche Urlauber im europäischen Ausland noch nicht willkommen. So war ein Innlandurlaub unweigerlich die einzige Option – in vielen Fällen an die Nord- oder Ostsee.
Schon in der Antike träumten die Menschen davon, wie ein Vogel fliegen zu können. So hat z.B. Leonardo da Vinci bereits um 1487–1490 neben vielen anderen Flugmaschinen den Vorfahren unseres Hubschraubers in der Theorie entwickelt: die Luftschraube. In der alten Zeit mangelte es allerdings an dem richtigen Material und Mitteln, um diese Träume und Entwürfe umzusetzen.
In den letzten 100-120 Jahren hat sich das Reisen drastisch verändert. Die Menschen entwickelten den Zeppelin, Militär- und später auch Passagierflugzeuge. Schiffe wurden nach der Windkraft erst mit Kohle, später mit Schweröl angetrieben. Flugzeuge und Schiffe wurden schneller, größer, sicherer, komfortabler. Wir durchbrachen die Schallmauer! Unsere Kutschen wurden durch Autos ersetzt, die bald sogar im Prinzip die Aufgaben eines alten Kutschers übernehmen können (Stichwort „autonomes Fahren“). Wir haben Menschen in den Weltraum geschickt. Jetzt planen wir sogar kommerzielle Weltraumreisen für jedermann, und die Besiedelung vom Mond.
Unser Reisegepäck ist leichter, günstiger und sicherer geworden. Wir können heute mit Leichtigkeit unseren vollen Koffer heben und vor uns her rollen. Manche können sogar auf 5 cm zusammengeklappt, oder schon per Fingerabdruck entsperrt werden. Es gibt auch schon intelligente, selbstfahrende Koffer. Statt massives Holz haben wir heute die Möglichkeit, Reisekoffer umweltfreundlich und aus recyceltem Material herzustellen. Was noch vor 30 Jahren noch Science Fiction zu sein schien, ist heute schon Realität.
Abschließende Gedanken
Manche sagen, damals war alles besser und einfacher – andere stellen dieselbe Behauptung für unsere moderne Welt. Doch können damals und heute wirklich miteinander verglichen werden? Moderne Technologie macht unser Leben zwar leichter, aber zugleich auch stressiger, lauter und ungesunder.
Auf eine Sache können wir uns allerdings einigen: Reisen war noch nie so schnell, günstig, sicher und komfortabel. Viele moderne Vorzüge halten wir für selbstverständlich, wie innerhalb von 6 Stunden mit dem ICE ohne Umstieg von Hamburg nach München jagen zu können. Oder mit dem Flugzeug schnell und einfach durch die Weltgeschichte zu hoppeln, ohne dabei Kisten voller Butter schleppen (lassen) zu müssen. Vielleicht sind wir beim nächsten Kofferkauf, oder bei der nächsten Reise ein klein wenig dankbarer für die Möglichkeiten, die uns heute zur Verfügung stehen.
Eure Janine vom Koffermarkt.com-Team
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